22
Dez
2008

Santacon

Rot eingepackt mit Mütze und Bart mache ich mich auf den Weg zur U-Bahn. Ich sehe aus, als wäre ich einem Zirkus entrissen, mehr wie ein Clown als ein Nikolaus, ich glaube der Kerl ist einfach ein irrer, der wenn er zu viele Drogen genommen hat meint, sein Schlitten könne fliegen und sein Hund hat ne leuchtende rote Nase, und verwandelt sich in ein Rentier…
Keiner der Menschen, die an mir vorbei laufen nimmt Notiz von mir, dabei bin ich weit und breit der einzige Santa. Am ahnsteig vermute ich „unauffällig“ angestarrt zu werden, aber nichts der gleichen. Nicht einmal in der U-Bahn wir Notiz von mir genommen, London ist in seine kostenlosen Nachrichtenblätter vertieft.
Wirklich traurig, nicht einmal die Kinder schauen mich an.
An der Leichester Square sieht das ganze schon anders aus. Wieder unter freiem Himmel bin ich umringt von TAUSENDEN von Santas, die mir zuprosten, laut singen, und Parolen über den ganzen Weihnachtsmarkt schreien.
Jetzt sollte ich nur noch Annika, Angie und deren Freunde ausfindig machen… Unerwartet schnell finde ich sie beim Autoskooter, heiter angetrunken. In Weihnachtlicher Stimmung halten sie mir ihren Vodka- Coke hin. „TRINK!“
Ich gehorche, und merke wie selbst mein Kater erträglicher wird. Meinen Schirm schmeiß ich zu den anderen Regenschirmen in den Nikolaussack. Nachdem mir Nick 1,2 und 3 vorgestellt wurden und 4 weiteren Vodka Cokes bemerke ich den Dauerniesel, der uns auch heute Abend nicht erspart bleibt. Allerdings schaue ich recht blöd, mit allen anderen im Chor, als wir feststellen, dass wir keine Regenschirmemehr haben. Irgendjemand hat unseren Nikolaussack geklaut, und uns alle Obdachlos gemacht. „Ich hab’s irgendwie schon gewusst, dass wir heute ohne Schirme heim gehen!!“, schimpft Angie. „Wart’s ab, sage ich mit aufkommendem Ärger, ich hab das Gefühl meinen nicht das letzte Mal gesehen zu haben, und wenn ich ihn in neuer Begleitung antreffen sollte klatscht’s, aber kein Beifall.“ Ich knackse mit meinen Fingerknöcheln.
Wir ziehen weiter, unter einen Händetrockner in einer Kneipe werden die kalten nassen Füße darunter gehalten, wir treffen Rudolph, the Red Nose Raindeer, wollen ihm was vorsingen, aber Angie schafft es fast nurnoch auf lalala.
Draußen werde ich wieder an den Verlust meines hellblauen Knirpses erinnert, den mit meine Freundin aus Deutschland als Abschiedsgeschenk mitgegeben hatte, wie kann jemand so Gefühlslos sein!
Mittlerweile sind wir bei Whiskey pur und das Rudel tausender Nikoläuse gröhlt im Weitergehen. Ein Vorsinger hat ein Megafon und singt vor. „What do we want?“ „CHRISTMAS!!!!“ „When do we want it?“ „NOW!!!“
Es werden Weihnachtslieder gesungen die wir nicht kennen, irgendjemand verteilt Sckokomänner am Stiel. Und an mir läuft ein hellblauer Regenschirm vorbei, dem ich mich auf dem Absatz umdrehe und folge. „EXCUUUUSE MEEE“, meine ich freundlich lächelnd, ihm auf die Schulter tippend. „You have a really nice Umbrella!“ und zeige mit meinen roten Nikolaus Handschuhen auf den dreckigen hellblauen Schirm, der etwas leblos auf dem schwarzen Gerippe hängt. „Where did you get that from?“ frage ich süß- sauer, das s. Oliver Zeichen zwinkert mir zu. Ich zwinkere zurück. „A Shop in Convent Garden“ gibt er freundlich zurück. Ich lege meinen Kopf schief, lächele mein süßestes lächeln und sage in einem Ton als würde ich ihm frohe Weihnachten wünschen: „No, it’s mine.“ Sein lächeln wirkt jetzt nur noch leicht dümmlich. Kampflos ergibt sich der Schurke, ich nehme ihm den Schirm aus der Hand, widerstandslos und ohne Worte schaut er total verdutzt, und so als traue er mir gleich einen K.O Schlag zu. Triumphierend, und so dass er mich auf jeden Fall hören kann brülle ich einen Siegesschrei über die Straße, und hüpfe singend „I got my Umbrella back“ zurück zu Annika, Angie und Nick 1,2,3,4,5. Das Gesicht des heimtückischen Diebes, der sicher war, nicht gefasst zu werden war einfach göttlich.
Die anderen staunen auch nicht schlecht, und fallen in mein Siegeslied mit ein.
Mit Glühwein aufgewärmt geht’s zu irgendeinem College, das neben der Temple Station liegt, wir laufen durch den Regen, waten in Pfützen, und stehen irgendwan schnatternd in einer Schlange von Nikoläusen, einer richtigen Nikolaus Anakonda um genauer zu sein, vor dem College, unter unseren Schirmen. Die Anakonda bewegt sich nur langsam vorwärts, und als wir endlich drin sind kann auch kein Absinth mich mehr warm machen. Gefühlte Stunden später stehe ich immer noch an dem Trockner in der Damentoilette und halte meine Socken, die ich zuerst ausgewrungen habe zum trocknen darunter. Meine Schuhe daneben und auf der roten Nikolaushose stehend mit blauen Zehen gebe ich irgendwann die Hoffnung auf, dass das kalte Gebläse meinen Abend retten kann, und mache mich wieder auf an die Bar. 2 Nikolausmänner geben mir einen Gin Tonic aus. Die Mädchen haben auch an ihrem Rausch gearbeitet muss ich feststellen, als sie plötzlich vor mir stehen, und irgendwas singen, das ich nicht verstehe. Nach erfolglosen Tanzversuchen beobachte ich die Party von einem Sofa aus. Durch die riesigen Fenster kann man direkt runter auf die beleuchtete Themse sehen. Die Scheiben sind aber so beschlagen, dass man draußen nichts erkennen kann. Angie setzt sich eine Weile zu mir, als sie wieder weiter tanzen will lasse ich endlich Vernunft walten und entscheide die Party vorzeitig zu verlassen um die letze U-Bahn nach Bow zu erwischen. And so this is Christmas…??
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