30
Okt
2008

Schuhplattler und gschtierte Eier

Der Nachtbus lässt mal wieder auf sich warten, denke ich, während ich gähnend einen Blick auf meine Armbanduhr werfe. Halb 2 morgens sagt mir diese. Zudem bläst Londons kalter Wind durch die Straße und ich bekomme Gänsehaut auf den Wangen, ein Gefühl dass ich schon immer gehasst habe. Ich vergrabe mein Gesicht im Schal schiebe meine Hände tiefer in die Manteltaschen.

Die Schicht im Beerhouse war ätzend. Am liebsten hätte ich die Gäste so wie sei rein gekommen sind wieder raus geworfen. Als die 8 verschiedenen Gruppen die immerhin aus bis zu 10 Gästen bestanden wollten alle direkt zahlen. Als keiner Tabs eröffnen will erkläre ich den Saufköpfen, dass ich heute im Stress bin, und es mir egal ist, wer seine Kreditkarte rausrückt, aber wenn sie etwas zu trinken haben möchten, dann sollen sie sich lieber mal ansprechen, denn „pay as you go“ kann ich heute nicht akzeptieren. Nicht ich, aber ihr Durst nach Alkohol überzeugt sie letztendlich doch, so dass ich die Karten mehr oder weniger freiwillig überreicht bekomme, während der Rest der Mannschaft mir seine Bestellungen entgegengrölt.
Ich hab das Gefühl heute funktioniert gar nichts. Nichts läuft wie sonst. Unsere sonst doch verlässliche Theke steht apathisch am Zapfhahn. Mit einem nicht übersehbaren Kater zapft unser Frontmann mechanisch ein Bier nach dem anderen. Auf seinem T-Shirt unsichtbar lesbar „Keine Fragen, keine Extrawünsche, kein Garnix“
Gereizt blaffe ich einen kleinen, nach Bier und Vodka riechenden Engländer mit langen fettigen Haaren und Glubschaugen an, dass er sich gefälligst gedulden soll, nachdem er mich 5 mal im Minutentakt nach seinem Bier erkundigt hat, von dem ich nicht einmal mit Sicherheit sagen kann, dass seine Bestellung noch existiert.

Nachdem 5 Busse vorbei gefahren sind, und keiner davon gepasst hat öffnet sich die Tür des Beerhouses und unsere Musiker stolpern laut lachend und singend mit ein paar unserer Mädels raus. Als sie an mir vorbei laufen hakt Daniel, der Schuhplattler bei mir ein und zieht mich mit. Meine Versuche mich zu wehren sind bescheiden. Manfred, sein Kollege fragt mich was ich denn noch vorhätte- Nichts. Ob ich also den Nachtbus jetzt oder in 4 Stunden nehme ist eigentlich auch egal. „Mein Bus“ stotter ich und zeige mit der Hand Richtung Haltestelle „ach nix“ antwortet er und fängt eine Bierdose, die der Akkordeonspieler durch die offene Ladentür, vorbei an der Kasse nach draußen gekickt hat mit dem Fuß auf.
Wir laufen zu einem Freund von Diana und Maike, der beim gleich um die Ecke in einem verdammt schicken, schon fast luxuriösen Apartment wohnt.
Angekommen, stürzen sich die Jungs auf den Herd, und schlagen Eier auf.
Verwundert schau ich ihnen zu. „Gschtierte Eier, Lecker“, freuen sie sich. Im Supermarkt haben sie 2 Zehnerpackungen Eier gekauft, rühren, schneiden Peperoni, und schütten Pfeffer, Salz und Bier dazu. Maria, die Sängerin und Gitarristin, schaut gelassen zu. Kennt sie sicher schon…
Als sie fertig gekocht haben ist auch die letzte Skepsis bei der hungrigen Partytruppe gewichen. Die Engländer machen Ketchup auf ihr Rührei.
Wir spielen Singstar. Als wir „Hier kommt Alex entdecken(das einzige Deutsche Lied) singen alle zusammen laut, mehr oder weniger richtig. Darauf folgt dieses Playstation Spiel, wofür man eine Spielzeuggitarre braucht, aber nicht spielen können muss, weil einem der Bildschirm anzeigt welche !TASTEN! man drücken muss. Man erkennt auch sofort, wer hier mehr Übung hat, denn unsere Musiker verlieren haushoch, gegen die unmusikalischen Zocker.
Yuki, die Japanerin ist total fasziniert von den Lederhosen und Marias Dirndl. Alle Musiker sind junge Studenten und wirken zwischen den funky Londonern etwas skurril, mit ihrem urbayrischen Dialekt und der traditionellen Kleidung.
Neithan, der Gastgeber, der sich ein E-Piano gekauft hat, ohne jemals eine Unterrichtsstunde gehabt zu haben, fordert sie zu einer Vorstellung auf. So kommen wir in den Genuss einer Polka, auf dada dada dada gesungen, die Jungs tanzen, hüpfen und klatschen morgens um halb 4 in einer Designerwohnung mit Panoramafenster mitten in Central London und keiner kann dabei wirklich still sitzen.
Musik verbindet.

Als ich gegen Morgen die Wohnung verlasse, biegt der Bus gerade um die Ecke. Ich summe dada dada dada vor mich hin, grinse den Fahrer an und steige ein.
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