25
Okt
2008

Zauberlehrling

Nachdem meine Glückssträhne im Beer House eine Fortsetzung fand (Irgendjemand hat meinen Führerschein, den ich nach einer Knepientour als vermisst melden musste, gefunden, und in die Kasse gelegt), hat sich auch mein bisher sturer Funkwecker geschlagen gegeben. Einen Monat lang habe ich jetzt versucht das Teil auf englische Zeit zu programmieren- vergeblich. Als ich es aufgegeben und eingesehen habe, dass wir immer eine Stunde früher haben als mein Wecker sagt, hat sich das Ding jetzt von ganz allein umgestellt. Ohne jede Vorwarnung zwar, aber immerhin. Das hatte jedoch die unschöne Folge, dass ich gestern Morgen nichts ahnend so lange unter der Dusche stand und ausgiebig gefrühstückt habe, dass ich, geschockt von der Übereinstimmung von Armbanduhr, Handy und Laptop Zeitangabe nach Tower Hill gehetzt bin- mit einer ganzstündigen Verspätung logischer Weise.
Macht nichts, Künstler sind flexibel, und ich selber konnte die Zeit dann doch aufholen, die zu nähenden Teile liefen durch die Nähmaschine, aussortieren musste ich keine mehr, nur Pierre musste mir hin und wieder den von unten kommenden Faden wechseln, wenn die Spule leer war. Am Nachmittag waren alle fertig, und ich hatte schon neue Ideen für weitere Arbeiten.
In der Galerie fühl ich mich so ein bisschen wie ein Zauberlehrling. Pierre, Mitte 40 wie er sagt (ich weiß nicht wie viel man den Altersangaben von Künstlern glauben kann) ist halber Persier und halber Franzose, und hat so seine ganz eigene Mentalität. Im Iran geboren und Frankreich aufgewachsen kam er irgendwann nach Amerika. Nach einem abgebrochenen technischen Studium hat er irgendwann begonnen in New York Modedesign zu studieren und in dem Gebiet einige Jahre gearbeitet. Er scheint viel rumgekommen zu sein, erzählt von Indien und Japan. Nachdem es ihn dann zuletzt nach London verschlagen hat, lebt er hier in diesem Kellergewölbe unter der U-Bahn, zusammen mit seiner Katze Cloey in seinem Atelier, macht Lichtinstallationen, Kleider, malt und verkauft zahlreiche Werke anderer Künstler und Designer. Lehrlinge hat er hier scheinbar andauernd, aus allen möglichen Ländern, die manchmal 2 Wochen bleiben, manchmal auch 9 Monate, einige werden später sehr erfolgreich, andere bestimmt auch nicht. Er lässt sich wie ein Kind von fast allem beeindrucken, und sagt sehr oft „Beautiful“, staunend wie jemand der gerade sein erstes Wort sagt, und davon selbst ganz fasziniert ist.
Fast zu spät merke ich, dass ich mich auf den Weg ins Bierhaus machen sollte, im Atelier kann man ganz leicht die Zeit vergessen…
logo

The best dog is a Hot Dog

Praktikum in London

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

und so gehts weiter...
http://eddigoesuniversity. twoday.net
EddiinLondon - 18. Mär, 17:56
Auf deutschem Boden
Die ersten vertrauten Gesichter in die ich schaue sind...
EddiinLondon - 28. Jan, 23:40
Schalter, Pech und Pannen
Der unfreundliche Mann am Schalter (ich betone deswegen,...
EddiinLondon - 28. Jan, 23:37
Alles Easy
Die Party wirkt wie eine Betäubungsspritze, denn mein...
EddiinLondon - 28. Jan, 23:36
ps
und das schlimmste.. Was soll ich jetzt immer lesen...
steffen (Gast) - 28. Jan, 02:28

Links

Suche

 

Status

Online seit 6061 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren